Zu einem ganz besonderen Anlass fanden sich unlängst Christine Eichler-Riegel, ihr Sohn Leonhard mit seiner Lebensgefährtin mit zahlreichen Wissenschaftlern im Schöninger Amtsgarten ein. Zum Gedenken an den im April 2024 verstorbenen Ehemann, Vater, Kollegen und Freund Prof. Dr. Walter Riegel besuchten sie den zu seinen Ehren gepflanzten Erinnerungsbaum.
Walter Riegel war über Jahrzehnte regelmäßig in Schöningen zu Gast, um im Tagebau geologische Forschungen durchzuführen. Begleitet wurde er im Laufe der Jahre von zahlreichen Kolleginnen und Kollegen. Darunter der langjährige Wegbegleiter und Freund Dr. habil. Volker Wilde, der auch Initiator des Gedenkbaumes war.
Walter Riegel verstarb am 28. April 2024 im Alter von 91 Jahren in Göttingen. Geboren 1932 in Sommerhausen bei Würzburg und stark geprägt von der Kriegs- und Nachkriegszeit, nahm er nach dem Abitur 1952 das Studium der Geologie und Paläontologie in Würzburg auf. Seine wissenschaftliche Ausrichtung geht wesentlich auf seine Studienzeit in Bonn und Köln zurück, wo ihn die Lehrveranstaltungen zur Geologie und Paläontologie der Kohlenlagerstätten nachhaltig beeinflusst haben. Nach dem Diplom wechselte er als Research Assistant an die Pennsylvania State University (USA), wo er seinen Erfahrungshorizont in diesen Fachgebieten erheblich erweitern konnte. Nachhaltigen Einfluss hinterließen bei ihm hier die Geländearbeiten zum Verständnis der Zusammenhänge zwischen Vegetation und Torfbildung der jungen Ablagerungen in den Florida-Everglades, die 1966 die Grundlage seiner Dissertation und mehrerer späterer Veröffentlichungen bildeten. Als Assistent und Oberassistent war Walter Riegel danach an den Universitäten Bonn und Göttingen tätig und habilitierte sich in Göttingen Anfang 1976 mit einer Pionierarbeit zu Sporen aus dem Devon der Eifel.
Zunächst Privatdozent und außerordentlicher Professor an der Universität Göttingen, wurde Walter Riegel dort 1983 zum Professor für “Paläobotanik, Palynologie und Geologie der Fossilen Brennstoffe” ernannt. Diese Stelle erlaubte ihm die Gründung einer eigenen Arbeitsgruppe, in der er der Vielfalt seiner Interessen im Sinne einer Phytogeologie Ausdruck verleihen konnte. Mit dieser von ihm selbst gern verwendeten Bezeichnung meinte er die ganzheitliche Betrachtung von Sedimentfolgen unter den verschiedensten Aspekten von Vegetation und Ökologie. Neben einer erheblichen Belastung durch Lehr- und Prüfungstätigkeit, entstand während der Zeit des Höhepunktes der Studentenzahlen unter seiner Betreuung von 1977 bis 2001 die bemerkenswerte Zahl von 64 Diplomarbeiten, 17 Dissertationen und einer Habilitation. Als Grundlage dafür erwiesen sich vor allem die weitere Umgebung von Göttingen und die Braunkohlentagebaue von Hessen, Niedersachsen, den neuen Bundesländern und Griechenland.
Nach der Versetzung in den Ruhestand 1998 intensivierte Walter Riegel seine bis in die letzten Lebenstage betriebene Forschungstätigkeit im Helmstedter Revier in Schöningen und wurde zum Ehrenamtlichen Mitarbeiter des Naturmuseums und Forschungsinstituts Senckenberg ernannt. Sein vielfältiges Lebenswerk wurde schließlich 2020 mit dem Rolf-und-Marlies-Teichmüller-Preis der DGGV gewürdigt.
Neben der wissenschaftlichen Arbeit pflegte Walter Riegel immer seine musischen, philo-sophischen und politischen Interessen, von denen die letzteren beiden zu manch anregender Diskussion geführt haben.
„Die Fachwelt hat mit Walter Riegel einen weltoffenen, bedächtigen aber kritischen und sehr vielseitigen Wissenschaftler und ausgesprochen angenehmen Mitmenschen verloren, den wir sehr vermissen werden“, weiß Volker Wilde über seinen Mentor und Freund zu berichten.
Im Herzen Schöningens erinnert nun ein Amberbaum, wie ihn Walter Riegel von seiner
Zeit aus Nordamerika kannte, an den besonderen Wissenschaftler, dessen Forschungsarbeit ihn immer wieder nach Schöningen geführt hatte.